10.04.2008

Legale Aktionen kriminalisiert?

Der Verteidiger über die 129b-Verfahren gegen türkische Oppositionelle / Der Hamburger Rechtsanwalt Hans-Jürgen Schneider verteidigt den türkischen Journalisten Mustafa Atalay

ND: Zur Zeit läuft vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht ein Prozess gegen fünf Angehörige der türkischen Organisation DHKP/C wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Die »Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front« steht auf der Terror-Liste der Europäischen Union sowie der USA und ist in der Türkei und Deutschland verboten. Verfahren gegen die Organisation sind nicht neu, was ist das Besondere bei einem Prozess nach Paragraf 129b?

Schneider: Das Besondere ist, den Angeklagten werden keine Aktionen gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Last gelegt. Die Anklage beschuldigt sie vielmehr, in europäischen Ländern Aktionen gegen die Türkei geplant und vorbereitet zu haben. Im Ergebnis werden in Deutschland bisher legale Aktionen wie die Mitarbeit in Vereinen und das Sammeln von Geld für die Familien von politischen Gefangenen in der Türkei kriminalisiert. Dabei sollen erstmals in großem Maße Dokumente aus der Türkei in das Verfahren eingeführt werden.

Spielt die Kritik an der Menschenrechtssituation in der Türkei eine Rolle in dem Verfahren?

Die Türkei wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mehrmals wegen der Verletzung von Menschenrechten verurteilt. Auch in Asylverfahren wird die Menschenrechtslage in der Türkei immer wieder thematisiert. Deshalb lehnt es die Verteidigung ab, Dokumente und Unterlagen aus der Türkei in das Verfahren einzuführen. Die Bundesanwaltschaft sieht das allerdings anders. Sie hat sich schon im September 2007 mit Vertretern der türkischen Polizei- und Anklagebehörden zur Vorbereitung des Verfahrens in Istanbul getroffen.

Wie lange wird das Verfahren dauern und wie hoch könnte das Strafmaß sein?

Ein Ende des Verfahrens ist noch nicht abzusehen. Bei einer Verurteilung könnte den Angeklagten eine Höchststrafe von zehn Jahren Haft drohen.

Was bedeutet die Anklage nach Paragraf 129b für die Haftbedingungen der Beschuldigten?

Da es sich um einen Zwillingsparagrafen des 129a handelt, sind die Haftbedingungen für die Beschuldigten ähnlich. Sie sitzen in Isolationshaft und werden in Handschellen zum Prozess gebracht. Besonders zugespitzt ist die gesundheitliche Situation meines Mandanten Mustafa Atalay. Er war schon in der Türkei wegen seiner politischen Betätigung lange inhaftiert und gefoltert worden. Unmittelbar nach einer schweren Herzoperation war er in einer Rehabilitationsklinik verhaftet worden und befindet sich seitdem in Isolationshaft.
Müsste er nicht eigentlich aus der Haft entlassen werden?

Der Arzt im Untersuchungsgefängnis von Hannover, wo Atalay auch kurzzeitig inhaftiert war, hat wegen dessen schlechten Gesundheitszustands jede weitere Behandlung abgelehnt. Atalay wurde dann aber nicht freigelassen, sondern ins Justizkrankenhaus Lingen verlegt. Der Gesundheitszustand meines Mandanten verschlechterte sich dann weiter. Nach einer Herzoperation im Februar 2008 ist jetzt noch ein Eingriff notwendig. Trotzdem hat das Gericht alle Anträge auf Haftentlassung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt.

Wissen Sie von geplanten Solidaritätsaktionen?

Ja. Durch eine Prozessbeobachtung soll eine größere Öffentlichkeit für das Verfahren hergestellt werden. Zudem wird es demnächst in verschiedenen Städten Informationsveranstaltungen geben. Auch eine Demonstration in Stuttgart ist in Vorbereitung.

Fragen: Peter Nowak

(Artikel erschienen am 10.04.2008 in Neues Deutschland)

09.04.2008

Mustafa Atalays Verteidigungsschrift

UNSERE GESCHICHTE IST EINE WELTGESCHICHTE


Artikel 39 der Magna Charta Libertatum von 1215 weist darauf hin, daß es "keine erfundene Beschuldigung geben darf". Diese Tatsache ist seitdem in die Rechtsgeschichte tief eingraviert. Und zwar so, daß Juristen heute, 800 Jahre danach diese Tatsache erneut zur Sprache bringen müssen. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans Jürgen Papier hat betont, daß die Personen, deren Namen in der ,,Terror" Liste der EU und der UN erwähnt werden, keine Verteidigungsrechte und keinen Rechtsschutz genießen. Er kritisiert diese Listen, indem er betont, daß nicht einmal die Beweismittel für die ihnen zur Last gelegten Schulden zur Sprache gebracht werden.
Wer ist ein Terrorist? Wer ist kein Terrorist? Das weiß jeder.
Wir sind unterdrückte, anständige, ehrenvolle Menschen. Unsere Geschichte ist die Geschichte der anständigen Menschen und der Armen der Welt.
Unsere Geschichte ist die Geschichte der Hungernden und der Menschen auf deren Köpfe man jeden Tag Bomben herunterregnen lässt.
Unsere Geschichte ist die Geschichte einer gerechten Sache und des Lebens.
Unsere Geschichte ist eine Weltgeschichte.

EINE WELT

Wenn ein Vogel aufsteigt
und mit den Flügeln in Richtung Freiheit schlägt,
in zarten Wolken
im Himmel fliegt,
die Menschheit
in Bergen und in freier Natur
in Wäldern und im Grünen lebt,
gibt es keinen Hunger
keine Armut.
Es gibt keinen Unterdrücker,
keine Weltbeschmutzer.
Die Bomben lassen nicht den Töd hinunter regnen auf Babys.
Während in diesem Paradies der Freiheit
die Menschheit in Gleichheit und Gerechtigkeit lebt
und in dieser Welt die Ausbeutung beendet,
die Grausamkeit außer Kraft gesetzt worden ist,
befinden sich die Menschen in Einigkeit und Brüderlichkeit.

DIE TATSACHEN ZEIGEN JEDEM DIE WAHRHEIT
EIN FILM: DIE KANADISCHE SALAMI

In diesem satirischen Film des Dokumentarfilme-Regisseurs Michael Moore von 1995 wird vom Terror und von Terroristen erzählt. Es handelt sich bei diesem Film um einen Film, den man sich mehrfach anschauen sollte. Der Terror wird von den höchsten Institutionen wie dem Präsidialamt der USA inszeniert und fällt wie eine Ramme auf das Schicksal der Völker.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjets benötigt des Präsidium der USA Lügen wie "sowjetische Gefahr", "kalter Krieg" für seine eigenen politischen Interessen. Aus diesem Grund lädt der Präsident der USA russische Funktionäre nach Washington ein und schlägt ihnen vor, dieses gefälschte Spiel des ,"kalten Krieges" fortzusetzen.
Als sein Vorschlag abgelehnt wird, werden einige ",spekulative Aktionen" geplant, in denen nunmehr "Kanada" in den Vordergrund geschoben wird.
Einer dieser Pläne ist, daß als kanadische "Terroristen" verkleidete CIA-Agenten Aktionen in den USA durchführen sollen, auf die jeder mit "Na, sowas!" reagiert.

EIN BUCH: DER MÄCHTIGE UND DER ALLMÄCHTIGE

Die frühere Außenministerin der iSA in der Clinton-Ära, Madeleine Albright, gibt in ihrem Buch "Der Mächtige und der Allmächtige: Gott, Amerika und die Weltpolitik" folgende Aussage von Bush wieder:
"Ich fühle, daß ich von Gott beauftragt worden bin". Bush ist also der letzte von Gott beauftragte Vertreter, der letzte Prophet. Man muß betonen, daß es sich bei dieser Aussage um einen pathologischen Fall handelt.
In jedem, der nicht mit seinem Willen, insbesondere nicht mit seiner Irak-Politik harmonierte, sah Bush nach der Interpretation Albrights "Widerständler gegen Gottes Forderungen.

EIN PLAKAT: "ANNAPOLIS WON'T SAVE YOU"

Vor kurzem haben Plakate mit dem Inhalt "Annapolis wird dich nicht retten können" die Mauern von Jerusalem geschmückt, die auf Olmert hinwiesen, der in seiner Heimat wegen Unregelmäßigkeiten beschuldigt wird.

EIN BRIEF: "DER UNSTERBLICHE BAUM"

"Die Olivenbäume schadeten Israel überhaupt nicht. Gestern haben sie jedoch alle Olivenbäume auf den Wegen der Panzer mit ihren Wurzeln rausgerissen und getötet. Mein Großvater hatte sie gepflanzt. Eigentlich kennt man sie als "unsterbliche Bäume". Sie haben sie getötet."
Die Verfasserin dieses Briefes, Yasemin, lebt in Gaza. Sie hat den Brief am 4. Dezember 2007 an die elektronische Erdoberfläche geschickt.

WER IST TERRORIST: JEDER WEISS ES
BUSH UND OLMERT?
EINSTEIN UND CHARLIE CHAPLIN?
IST DAS MIT DEM SCHNULLER IM MUND VERSTORBENE BABY IM IRAK EIN TERRORIST?

Unser Leben präsentiert uns die Wahrheiten, ohne die Notwendigkeit von Lügen, Verbergen und Heimlichkeiten. Diese Wahrheiten sind es, die uns manchmal in einem Film, manchmal in einem Buch, manchmal in einem Brief und manchmal auf einem Plakat an der Mauer in der Straße begegnen. Wie wurde der Irak besetzt? Mit Lügen. Im Irak gab es Nuklearwaffen, der Irak war "terroristisch" und er wurde besetzt. Die Nuklearwaffen wurden überhaupt nicht gefunden. Es war eine Lüge.
Um den Iran angreifen zu können, bediente man sich erneut der Lüge der Nuklearwaffen. Diesmal glaubten nicht einmal die Nachrichtendienste der USA an diese Lüge. Der Iran produzierte keine Nuklearwaffen.
Wer wurde nicht alles während der Geschichte als "Terrorist" bezeichnet. Führer von nationalen Befreiungskriegen gegen den Imperialismus, Kämpfer für die Demokratie, Kämpfer für den Sozialismus wurden immer "Banditen", "Anarchisten", "Terroristen" genannt.
Wer alles wer kein "Terrorist"; Einstein und Charlie Chaplin waren gefährliche Menschen. Denn Einstein und Chaplin waren Sozialisten. Beispielsweise die von dem FBl vorbereitete Akte über Einstein umfasste genau 1500 Seiten. In den Konzentrationslagern von Auschwitz und Dachau wurden Kinder in Gaskammern verbrannt. Denn die Kinder waren gefährlich. Das in Hiroshima und Nagasaki mit der Atombombe getötete Volk war sehr gefährlich.
Auch das mit dem Schnuller im Mund verstorbene Baby im Irak war gefährlich. Das leblos neben seiner Klagelied singenden Mutter liegende irakische Mädchen war sehr gefährlich. Haben all diese Lügen verheimlichen und verbergen können, wer die wahren Terroristen sind?
Amerika und Israel sind Mächte, die auf der ganzen Welt keine Sympathien genießen. Bush und Olmert werden auch in ihren Heimatländern nicht gemocht. Man kennt sie als die Bösesten der Welt.
In Deutschland haben, einschließlich Grundschüler, 2 Millionen Menschen auf Straßen und Plätzen gegen die Besetzung des Irak durch die USA protestiert. 2 Millionen Protestler. Genau 2 Millionen. Sind etwa die 2 Millionen Protestler "Terroristen"?
Vergangenes Jahr wurde in Deutschland gegen diejenigen wegen "Terrorismusverdachts" ermittelt, die gegen die Reichen der Welt, gegen den G-8 Gipfel protestiert hatten. Viele Menschen wurden festgenommen. Es gab Razzien in ihren Wohnungen und Büros. Der Bundesgerichtshof stellte in seiner Entscheidung fest, daß "die Globalisierungsgegner keine Terroristen sind".
Natürlich wird das Recht eine Logik haben. Die Rechtlosigkeit allerdings entbehrt jeder Logik. Das Recht wird auch eine Philosophie haben. Philosophie ist die Liebe zur Vernunft.
In der Rechtlosigkeit gibt es weder Vernunft noch Liebe. In ihr gibt es nur Vorurteile. Das ist überall auf der Welt so. Ob in Deutschland oder in der Türkei; es spielt keine Rolle.

WO IST DIE GERECHTIGKEIT?

In der Türkei werden Menschen durch Polizeikugeln getötet.
Die Zahl der in den letzten 2 Jahren von Polizisten getöteten Menschen beträgt 34. Das sind bekannt gewordene Fälle. Bei der Folter, in Gefängnissen werden Menschen getötet. Wegen ihres Glaubens werden Menschen mit Messern geschlachtet. Journalisten werden getötet. Für Recht und Gerechtigkeit wird nichts getan. Die Mörder werden verschont. Denn der Staat organisiert diese Mörder, er läßt sie foltern und morden. In den Prozessen werden Beweise verdunkelt, verheimlicht. Der Prozess des Journalisten Hrant Dink und der Prozess der in Malatya getöteten 3 Christen - einer von ihnen ist ein Deutscher - sind die jüngsten Beispiele dieser Realität.
Ungerechtigkeit war eines der am meisten diskutierten Themen in Deutschland gewesen. Bei den niedersächsischen Landtagswahlen war der Wahlspruch der SPD "Gerechtigkeit kommt wieder". Jawohl; es gibt keine Gerechtigkeit. Nur für die Reichen gibt es Gerechtigkeit. Für Peter Hartz, für korrupte, unterschlagende Siemens-Funktionäre und für Groß-Bankiers gibt es Gerechtigkeit. Sie können machen, was sie wollen; ins Gefängnis kommen sie nicht.
Wo ist also die Gerechtigkeit?

RECHT UND DEMOKRATIE

Es gibt eine Meinung, die besagt: "Ich denke nur an die Sicherheit des Staates. Des Recht kommt an zweiter Stelle." Ein Verständnis, daß das Recht rückschrittlich macht. Ist das Recht unabhängig? Ist das Recht über dem Staat? Europa vertritt die These, daß das Recht unabhängig und über dem Staat sei. In Demokratien gebe es die Vorherrschaft des Rechts. Während in diesen Demokratien über alles diskutiert wird, kann über das Eigentliche gar nicht diskutiert werden. Die Linke und der Sozialismus kann sich von Verfolgungen, Ermittlungen, Telefonlauschaktionen und Verboten nicht befreien. Ihnen ist untersagt, über alles zu diskutieren. Ein Beispiel: Das Saarland war das erste Land im Westen, das die Verfolgung der Linkspartei offiziell außer Kraft gesetzt hat. Die verfolgende Behörde war der Verfassungsschutz.
Ist das Demokratie? Ist das Gerechtigkeit? Ist das Recht?
Mit diesem Recht und mit dieser Demokratie muß man sich konfrontieren.
In einem Deutschland, das durch das Nazi-Regime Hitlers für den Tod von 40 Millionen Menschen verantwortlich ist, gibt es eine Frage, die man jedem Deutschen zu stellen hat. Auch jeder Deutsche müßte eine Frage haben. Sind es nicht die Nazis gewesen, die die Feinde der Linken und des Sozialismus waren?
Verfolgt worden ist nicht nur die Linkspartei. Auch Studenten, die um ihre akademischen und ökonomischen Rechte gekämpft haben, sind verfolgt worden.
Während all dies geschehen ist, sind Straftaten, Angriffe und der Terror der Nazis von der Polizei nicht einmal aktenkundig gemacht worden.
Immigranten und Muslime werden als potenzielle "Terroristen" angesehen. Die Kinder will man in Besserungsanstalten und Gefängnissen unterbringen. Der Rassismus und die Fremdenfeindlichkeit nehmen zu. Die Angriffe auf Immigranten wollen gar nicht enden.
In Deutschland und in Österreich werden Häuser angesteckt. Es sterben Menschen. In Ludwigshafen sind 9 Menschen aus der Türkei, 5 Kinder und 4 Frauen, verbrannt worden. Warum?

IN DIESEM PROZESS IST FÜR MICH DIE FRAGE NACH DEMOKRATIE UND FREIHEIT DAS HAUPTTHEMA.

Ich bin ein sozialistischer Journalist, ein sozialistischer Mensch, kein Terrorist.
Bis heute habe ich für die Demokratie und für die Freiheit gekämpft. Ich habe für eine vollkommen unabhängige Türkei gekämpft. Ich habe mich der Ungerechtigkeit und der Grausamkeit widersetzt. Aus diesem Grund bin ich in meiner Heimat massiv gefoltert und tyrannisiert worden. Die Folterspuren sind an mehreren Stellen meines Körpers vorhanden und sie sind immer noch sehr deutlich zu sehen. Ich erlitt Brüche an meinem Kreuz, meinen Händen und meinem Kopf. Die Spuren sind da. Als Folge des Kreuzbruches hin ich nur noch in der Lage höchstens 3 bis 5 Minuten lang zu Fuß zu gehen. Unter den Achseln aufhängen, im Winter mit kaltem Wasser waschen, Stromschläge verabreichen, Bastonade anwenden, im menschenleeren Feld mit geschlossenen Augen den Abzug einer am Kopf angelegten Waffe betätigen, Schüsse unmittelbar an den Füßen vorbei abgeben, Todosdrohungen ausstoßen... Wegen dieser Folterungen verschlechterte sich mein Gesundheitszustand vollkommen. Aus diesem Grunde befand ich mich unter ständiger arztlicher Kontrolle und Behandlung. Die Atteste befinden sich in der Akte. Warum so viel Folter und Grausamkeit? Weil ich an einer Demonstration teilgenommen, ein Flugblatt verteilt, ein Plakat aufgehängt habe. Ein Besuch des Vereinslokals war ein Folterungsgrund. Es war ein Grund für einen Prozess vor dem Militärgericht. Die Verhandlung war ein Fall von vollkommener Rechtlosigkeit und Ungerechtigkeit. Seit der Ära der Militärjunta, seit 1980, hat sich nichts geändert. Wenn heute Lehrer demonstrieren, spricht der Minister für Nationale Erziehung von einer "illegalen Aktion" und will ein Ermittlungsverfahren einleiten. Kann man in so einer Situation von Recht sprechen?
In der Türkei wurde ich von der Polizei und der MIT verfolgt, festgenommen und gefoltert. Aus diesem Grunde bin ich in Deutschland ein Asylberechtigter.
Mir wird heute hier aus dem Grund der Prozess gemacht, weil ich ein Sozialist bin. Bei diesem Prozess handelt es sich um einen Prozess, der durch ein Komplott, eine Provokation der MIT ins Leben gerufen worden ist.
In der Türkei ist die MIT als eine Organisation für Verschwörungen und Provokationen bekannt. Hierfür gibt es zahlreiche Beweise und Zeugen. Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten, Minister und manchmal Generäle haben die MIT so bewertet. Die Belege dazu werden wir präsentieren.
Obwohl kein gesichertes Beweismittel, kein Zeuge, keine echten Belege, keine richtige Information gegen mich vorhanden ist, bin ich seit 16 Monaten in Haft.
Warum?
Es gibt einen einzigen Grund. Weil ich anders denke und ein Sozialist bin, bin ich in Haft. Meine Inhaftierung und die Fortdauer dieser Haft stellen für mich eine große Ungerechtigkeit dar.
Es gibt viele Beispiele für solche Prozesse. Der Dreyfußprozess in Frankreich in der Vergangenheit. Dem Dreyfuß hat man wegen Spionage den Prozess gemacht. Es wurden falsche Zeugen gefunden. Es war ein vollkommenes Beispiel der Rechtlosigkeit. In Amerika hat man die italienischen Arbeiter Sacco und Vanzetti wegen Mordes angeklagt, weil sie Sozialisten waren. Bei diesem Prozess handelte es sich um eine vollkommene Verschwörung. Der falsche Zeuge dieses Verfahrens hat die Wahrheit Jahre später eingeräumt. Genau wie der falsche Zeuge im Rosenbergprozess. Die Rosenbergs wurden allerdings mit der Beschuldigung, Spionage für die Sowjets betrieben zu haben, hingerichtet. Der falsche Zeuge hat viel später ein Geständnis abgelegt. Es gibt viele Prozesse, die große Ahnlichkeiten mit diesem Verfahren aufweisen. Diese Beispiele kann man endlos fortsetzen. Jawohl; weil ich anders denke und ein Sozialist bin, wird mir der Prozess gemacht. Aus diesem Grund hat man mein Recht auf Leben aufgehoben. Mein Recht auf Gesundheit, mein Recht auf Therapie wurden vernichtet. Mein Recht auf Verteidigung wird behindert. Meine Freiheit auf künstlerische und kulturelle Produktion wird behindert.
Seit Monaten lebe ich in der Isolation.

DIE ISOLATION IST DIE GRÖSSTE SCHLECHTIG KEIT, DIE EIN MENSCH EINEM ANDEREN MENSCHEN ANTUN KANN UND SIE WAR FÜR MICH DIE GRÖSSTE FOLTER

Die Isolation reißt den Menschen von der Natur und dem Leben, vom Menschen und der Welt, von seinen Geliebten los.
Sie wird angewandt, um den Menschen physisch und psychisch mürbe zu machen und zu vernichten.

WAREN DIE LUFT UND DER SAUERSTOFF
DIE SONNE UND DIE BLUME AUCH "TERRORISTEN"?

Seit 16 Monaten lebe ich in der Isolation. Wir wurden zum Schweigen gebracht und unsere Füße wurden in Ketten gelegt. Reden war untersagt. In diesen 16 Monaten hat man allem voran mein Recht auf Leben und meine Rechte auf Gesundheit und Therapie beseitigt. Mein Recht auf Verteidigung wurde behindert.
Im Oktober 2006 wurden 3 verstopften Gefäßen an meinem Herzen Bypässe angelegt. Mein Gesundheitszustand hatte sich dadurch gebessert. Meine Behandlung wurde in der Herzklinik in Bad Bevensen fortgesetzt. Die Polizei nahm mich fest, indem sie meinem Arzt erklärte, daß ich verhaftet und in das Justizkrankenhaus in Hannover verlegt werde, wo meine Behandlung fortgesetzt würde. Meine Behandlung in der Herzklinik wurde somit verhindert. Die Behandlung hätte noch 15 Tage fortgesetzt werden müssen. Ich wurde festgenommen und in einer Zelle ohne Luft und ohne Sonne im Gefängnis von Hannover untergebracht. Die Herzschmerzen hielten an. Die Operationsnarben waren noch nicht ausgeheilt. Auf der einen Seite die Schmerzen, auf der anderen die Zelle ohne Luft, ließen mich kaum richtig atmen. Das Fenster der Zelle ließ sich nur oberhalb 20 cm breit öffnen. Und es kam keine Luft herein. Vor dem Glas befand sich außer dem Gitterwerk ein Drahtzaun. In die Zelle drang keine Luft ein. Weil man all meine Sachen, meine Kleidung mir mit Gewalt weggenommen hatte, konnte ich nicht zum Hofgang. Es war mir nicht möglich, bei einem Hofgang frische Luft einzuatmen. Die Zelle war 7 x 4 Schritte klein. Des Bett, der Stuhl, der Tisch, das Regal, die Toilette, alles war in dieser Zelle. 24 Stunden lang war ich alleine in dieser Zelle. Die Zelle war schlimmer als das, was ich in der Türkei erlebt habe, wegen der Isolation. Die Zelle war wie ein Sarg. Kann ein Mensch in einer luftlosen, dunklen Zelle gesund leben, in der Obst innerhalb von 2—3 Tagen verfault?
In den ersten Tagen wurde mir schwarz vor den Augen, wenn ich aufstand. Dann fiel ich hin. Es war sehr schwer, mich zu bewegen. Die Herzschmerzen wurden zunehmend heftiger. Von diesen ganzen Gesundheitsproblemen habe ich dem Arzt berichtet. 6 Monate lang wurde es mit der Bemerkung übergangen, das sei "normal".
Die Sonne war verboten. Luft - Sauerstoff waren verboten. Waren vielleicht die Sonne, die Luft und der Sauerstoff sehr gefährlich?
Erst einen Monat nach meiner Inhaftierung wurden mir meine Kleider ausgehändigt. Beim Einzelhofgang wurde ich von 2 Aufsehern beaufsichtigt. Der Hof war winzig klein. Die Aufseher beobachteten ständig. Eines Tages habe ich im Garten eine Blume gepflückt. Auch die Blume muß wohl gefährlich gewesen sein, denn sie wurde sofort der Sicherheitsuntersuchung unterzogen.
Willkürlich wurden Sachen, die mir meine Besucher mitbrachten nicht angenommen, die angekommenen Bücher zurückgeschickt.

SIND DIE FUSSKETTEN MIT DEM RECHT ZU VEREINBAREN?

Beim Transport wurden mir gewaltsam Fußketten angelegt. Was außer diesen Fußketten kann die Rechtlosigkeit darlegen? Was war das alles, wobei nichts höher sein dürfte als die Würde des Menschen?

MEIN RECHT AUF LEBEN WURDE BESEITIGT

Es waren Monate vergangen, mein Gesundheitszustand war restlos verdorben. Nach 6 Monaten wurde ich im Mai 2007 für eine Kontrolluntersuchung in das Krankenhaus der Medizinischen Fakultät in Hannover überstellt. Nach den Kontrolluntersuchungen stellte sich heraus, daß 2 von den 3 Gefäßen, wo Bypässe angelegt worden waren, wieder verstopft waren. Das war der Grund für die monatelang dauernden Schmerzen und für die Müdigkeit.
Laut den Berichten der Medizinischen Fakultät Hannover, des Gefängnisarztes und des Gefängnisleiters mußte die Haft unterbrochen werden. Dieses, mein Recht auf Leben wurde nicht akzeptiert und dieses Recht mir nicht zuerkannt. Ich wurde nach Lingen in das Krankenhaus für Häftlinge transportiert. Hier bekam ich lediglich die Tabletten, die ich seit September 2006 bekommen hatte. Man machte ein EKG und einen Bluttest. Der Blutdruck wurde gemessen. Das alles war auch im Gefängnis in Hannover gemacht worden. Im Krankenhaus gab es überhaupt keine Therapie. Mein Gesundheitszustand verschlimmerte sich. Die beiden verstopften Gefäße blieben verstopft. Die Schmerzen und die Müdigkeit nahmen stark zu.
Ist es nicht so, daß das Leben des Menschen heilig ist? Ist es nicht so, daß der Mensch über allem steht? Hatte das Leben des Menschen keinen Platz im Rechtswesen? All diese Fragen blieben unbeantwortet.

AUCH DIE VERTEIDIGUNG IST VERBOTEN

Ich war doch in einem Krankenhaus untergebracht worden, nicht wahr? Mein Recht auf Verteidigung und auf Besuch wurde mit der Ausrede der ausgezogen zu erfolgenden Durchsuchung beseitigt. Ich war 3 Monate lang im Krankenhaus. Es gab verschiedenartige Verbote. Ein Glas warmes Wasser war verboten. Seltsam, was? In einem Krankenhaus ist 3 Wochen lang ein Glas warmes Trinkwasser verboten. Der Grund dafür war die Isolation.
Vom Krankenhaus wurde ich in das Gefängnis in Freiburg transportiert. Beim Betreten des Gefängnisses wurden mir meine sämtlichen Sachen unter Zwangsanwendung weggenommen. Meine Bekleidung, meine Bücher, von mir verfaßte Gedichte, Briefe, meine Stifte, Briefmarken, das Zeitungsarchiv. Notizen und Unterlagen für meine Verteidigung, das alles wurde mir weggenommen. Nach 20 Tagen bekam ich manche Sachen, nach 2 1/2 Monaten weitere Sachen zurück. Viele Sachen, Notizen und Unterlagen für meine Verteidigung und mein Zeitungsarchiv wurden mir nicht ausgehändigt. Die Unterlagen für meine Verteidigung, die ich an meine Anwälte geschickt habe, wurden monatelang nicht weitergeleitet. Erst nach 2 - 3 Monaten wurden sie ihnen übergeben. Stellt das alles nicht eine Behinderung und ein Verbot der Verteidigung dar?
Oder waren etwa der Stift, das Gedicht, das Buch, das Zeitungsarchiv, die Briefmarken, der Brief, die Verteidigungsnotizen und die Verteidigungsunterlagen sehr gefährlich? Oder waren etwa das Gedicht, das Buch, die Zeitung, der Stift, die Unterlagen für die Verteidigung "Terroristen"? Im Gefängnis in Hannover und im Justizkrankenhaus in Lingen waren die Offiziellen für die Dauer von 11 Monaten die einzigen Menschen, die ich gesehen habe. Ihre Stimmen waren die einzigen menschlichen Stimmen, die ich wahrgenommen habe. Im ersten Monat meiner Haftzeit gab es kein Fernsehen, keine Zeitung, kein Buch. Ich hatte meine Kleidung nicht. Aus diesem Grund konnte ich nicht zum Hofgang. Im Justizkrankenhaus in Lingen und in Freiburg gab es insgesamt 6 Monate lang keine türkischen Fernsehkanäle.
Zeitungen demokratischer Vereine und Institutionen wurden verboten und nicht ausgehändigt. Manche angekommenen Briefe, Karten, Bilder wurden nicht ausgehändigt. Auf diesem Wege wurde die künstlerische Produktion untersagt. Eigentlich wurde der Gedanke untersagt.

DAS LEBEN IST EIN LEBEN, WENN ES GERECHTIGKEIT GIBT

Die Isolation dauert an. Sie ist eine Folter für mich. Das Leben ist ein Leben, wenn es Gerechtigkeit gibt. Gibt es keine Gerechtigkeit, so gibt es auch kein Leben. Genau wie in meinem Fall, wo ich verstümmelt gelassen und nicht behandelt worden bin. Das Leben geht weiter. Macht Euch Gedanken!
All das ist geschehen. All das, was ich erlebt habe, war für mich Folter.
Wer von sich behauptet, er sei ein Mensch, muß etwas zu sagen haben. Das Recht besteht nicht nur aus Strafen und Sanktionen. Es befindet sich nicht außerhalb von sozialen und moralischen Bedingungen. Man muß ausschließlich die Wahrheiten beachten und nicht wie zwangsläufig zur Sprache gebrachte unwahre Behauptungen, die jeder Grundlage entbehren. Seit fast 1,5 Jahren wird meine Haft unrechtmäßig fortgesetzt, ohne daß man mir irgend eine Frage gestellt, das Rederecht eingeräumt hat.
Seit den Berichten des Gefängnisleiters und des Arztes in Hannover im Mai 2007 des Inhalts, daß "die Haft zu unterbrechen ist", hat es bis heute keine Veränderung gegeben.
Ich will meine Entlassung.
Ich will mein Recht auf Leben.
Ich will mein Recht auf Gesundheit, Freiheit für den Gedanken.
Wo ist die Gerechtigkeit?

06.04.2008

Antifaschistisch, antikapitalistisch, antiimperialistisch = §129b Anklage






Prozessbeobachtung der Roten Hilfe in Stuttgart-Stammheim vor dem OLG seit 17.März 2008


Auf diese schlichte Formel der Überschrift könnte es am Ende des Verfahrens gegen die Angeklagten: Mustafa Atalay, Ilhan Demirtas, Devrim Güler, Hasan Subasi und Ahmed Düzgün Yürksel hinauslaufen wenn man dem Vorsitzenden Richter Wieland am Oberlandesgericht (OLG) und seinen Beisitzern bei ihrer Art den Prozess zu führen zusehen muss.

Die Generalbundesstaatsanwaltschaft hat Anklage nach §129b , wegen Unterstützung einer ausländischen, terroristischen Vereinigung (DHKP-C; Revulotionäre Volksbefreiungspartei-Front), mit dem Vorwurf Spenden gesammelt zu haben, und damit unter anderem den Kauf von Waffen, für den militärischen Widerstand in der Türkei, finanziert zu haben. Ferner wird unterstellt, dass der Transport von Waffen organisiert wurde.

Jeder Internationalist steht nun in der BRD unter dem Damoklesschwert des §129b.

Bereits im September 2001 lag ein Entwurf vor, der den §129(a) um den §129b erweitern sollte. Im April 2002 wurde der 129b bereits verabschiedet.

Vorgegeben wurde die Bedrohung durch den sogenannten islamistischen Terrorismus, der mit diesem Paragraphen bekämpft werden sollte. Damit ist der reaktionäre §129, der 1976 verabschiedet worden ist, in Verbindung mit anderen Gesetzesveränderungen bestens dazu geeignet Grund- und Freiheitsrechte in der BRD weiter zu demontieren.

Die nach dem Naziterror eingeführte und im Grundgesetz verankerte Trennung von Polizei und Geheimdiensten wurde faktisch aufgehoben.

Die Rechte der Verteidigung sind stark beschnitten worden.

Immer wieder muss der Vorsitzende während der vergangenen Verhandlungstage, von den Anwälten unterbrochen werden, wenn er zum Beispiel eine Zeugin des Bundeskriminalamtes (BKA) darüber aussagen lassen möchte welchen Inhalt ein Urteil aus dem Folterstaat Türkei hat, das zudem noch vor 2001 von einem Staatssicherheitsgericht gefällt wurde, in denen die Richter dem Militär unterstanden und weisungsgebunden waren.
Die Anklage und der Senat werden sich in diesem politischen Prozess noch des öfteren auf die umfangreiche Aktensammlung, welche die türkische Justiz extra gegen die Angeklagten zusammengestellt hat, berufen wollen.

Die Frage bleibt nun ob sich der Senat an demokratischen Rechtsnormen messen lassen möchte oder ob bereits andere Maßstäbe auf Menschen mit einem revulotionären, internationalistischen Bewusstsein in der BRD angewendet werden sollen. -Denn in der Europäischen Union (EU) hat die Hexenjagd spätestens am 1. April 2004 begonnen, als im „Kampf gegen den Terror“ in Belgien, Italien, Holland, Deutschland und der Türkei koordiniert Objekte, im vermuteten DHKP-C Umfeld, durchsucht wurden und an die 90 Personen festgenommen wurden!

Die „schwarzen Listen“ der EU beinhaltet Datenmaterial, welches den Betroffenen nicht öffentlich gemacht wird. So ist es nicht möglich gegen die Sammlung der Daten zu prozessieren ...
Die „schwarze Liste“ der USA wurde in diesem Jahr von der EU anerkannt. Dies schien bis dato unmöglich. Anklageerhebungen die darauf erfolgen, dass Organisationen auf diesen Listen stehen, bewegen sich außerhalb des demokratischen Rechts.
Gerichte werden jedoch angewiesen, auf Grund solcher Vorgaben Anklagen zu erheben. Die „Antiterrorgesetzgebung“soll lediglich dazu dienen, den berechtigten Kampf gegen Faschismus und Imperialismus zu kriminalisieren und isolieren. Das solche Unterfangen nichts bringen zeigt die Geschichte.

Am 03.04.2008 wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Urteil gefällt die nationalistische PKK von der „schwarzen Liste“ streichen zu müssen. Wir sind gespannt, ob es gelingt, eine revulotionäre Partei, wie die DHKP-C von dieser Liste zu bekommen.

Hauptzeuge der Anklage ist ein zwielichtiger Polizeispitzel und Doppelagent, welcher im Namen der BRD und der Türkei spioniert hat und somit vom BND und dem türkischen Auslandsgeheimdienst MIT gelenkt wird. Auf dessen Aussage hat die Generalbundesanwaltschaft zwischen dem 15. bis 28. November 2006 in einer bundesweiten Razzien-Welle insgesamt 59 Objekte durchsucht und dabei versucht Strukturen der verbotenen DHKP-C und deren Umfeld aufzudecken. Hierbei wurden vier der fünf Angeklagten festgenommen. Sie verbringen bereits über 16 Monate in Haft.

Die Durchsuchungen nahmen den Anfang in Augsburg und wird uns dieses Jahr noch zwei ähnlich gelagerte Prozesse gegen Genossen am OLG München bescheren.

Die DHKP-C ist in der Türkei gut etabliert und ist Teil des breit angelegten politischen Widerstandes gegen das antidemokratische System in der Türkei, in welcher gerade wieder das Gespenst eines Militärputsches umgeht.

Das Militär wurde gerade in der Ära Kohl im großen Stil mit Waffen ausgerüstet, welche überwiegend als Geschenk aus ehemaligen NVA Beständen gemacht wurden. Auch Leopard 2 Kampfpanzer wurden geliefert. Diese Waffen wurden, dem scheinheiligen Verbot der Bundesregierung zum Trotz, gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt, haben einen hohen Blutzoll gefordert und Angst und Schrecken verbreitet.

Die verbotene Partei DHKP-C unterhält Stadt- und Landguerilliaeinheiten, welche sich gegen staatliche Übergriffe zur Wehr setzen. Diese haben im Grenzgebiet zum Irak türkische Truppen angegriffen, welche völkerrechtswidrig einen autonomen Staat angegriffen haben.
Dies ist ein Widerstand, den das Grundgesetz der BRD nach den Erfahrungen des 3. Reiches für Bundesbürger, in einem vergleichbaren Zustand in Deutschland, ausdrücklich legalisiert hat. Das Papier, auf dem dies geschrieben steht ist natürlich Makulatur sobald wir es in Anspruch nehmen werden. Wir sehen gerade, dass das Kapital dieses Recht auch nicht gegen befreundete, antidemokratische Systeme angewendet sehen möchte.

Nach wie vor „verschwinden Menschen“ in der Türkei, werden auf offener Straße erschossen, ohne Anklage, zum Teil über Jahre, in Haft genommen, werden gefoltert. Gerade hat der Prozess gegen die bekannte Menschenrechtlerin und Rechtsanwältin Erin Keskin uns noch ins Bewusstsein gebracht, dass in der Türkei laufend Verfahren unter der Anklageerhebung der „Verunglimpfung des Türkentums“ mit hohen Haftstrafen verhängt werden. Das nicht anerkennen von unterschiedlichen Ethnien und deren Unterdrückung bedeutet für türkische Staatsbürger permanente Bedrohung und Unterdrückung im Alltag.

Die DHKP-C versteht sich als revulotionäre Kraft und lehnt Anschläge gegen die Zivilbevölkerung ab. Ihr Ziel ist die Schaffung einer kommunistischen Gesellschaft in der die Menschen wieder in einer freiheitlichen Rechtsordnung leben können. Die Mittel des Kampfes sollen sich darum auch ausschließlich gegen die Strukturen der Unterdrücker richten.

Als in Deutschland öffentlich für Waffen für Elsalvador gesammelt wurde gab es keine Strafverfahren gegen Spender und deren Sammler. Hier war das Handeln des Bürgers nicht strafwürdig. Wer also bestimmt, was Terrorismus ist? Eine weltweit rechtsgültige Definition gibt es nicht. Es sind die Herrschenden, die bestimmen was den Verwertungskriterien des Kapitals entgegensteht und was nicht.

In Stuttgart-Stamheim stehen vor dem OLG fünf Personen die in Isolationshaft genommen wurden. Einer Haftform die laut amnesty international (ai), besser als Folter zu bezeichnen ist. Sie zielt langfristig darauf ab Menschen physisch und psychisch krank zu machen und ihrer politischen Identität zu berauben.
Speziell Mustafa Atalay (51 Jahre) leidet unter diesen Haftbedingungen in besonderer Weise. Nach einer schweren Herzoperation (Bypass-OP) ist er am 21. Tag aus der Rehaklinik, gegen den Protest der behandelnden Ärzte, verschleppt worden und direkt in Isolationshaft genommen worden.
Auch während dem Prozess gegen ihn muss er noch Schmerzen hinnehmen und sich sogar mit Hilfe seiner Anwälte für eine, leider notwendige, erneute Operation vor dem Senat des OLG stark machen.
Seitdem er nach dem Aufenthalt in der Rehaklinik nicht mehr ausreichend medizinisch betreut wurde muss man feststellen, dass sein Tod zumindest billigend in Kauf genommen wird.


Für eine sofortige Freilassung von Mustafa Atalay!


Für die vollständige Rehabilitierung der politischen Gefangenen und die Anerkennung eines Widerstandsrechtes gegen die Türkei!



Marc Burowski



Der Autor hat die Türkei ab 1998 als Journalist und Deligationsteilnehmer in Sachen Völkerrecht und als Menschenrechtsaktivist bereist. Er hat Prozesse vor Staatssicherheitgerichten verfolgt.



Der Artikel ist im Rote Hilfe Magazin Nr. 2/2008 mit Bildern zum Prozess zu lesen Schafft Rote Hilfe - Solidarität ist eine Waffe!

Weg mit § 129 a und b!



Flugblatt das während der Spontandemo gegen den §129b-Prozess in Stuttgart verteilt wurde;

Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Weg mit den Paragraphen 129a & 129b!

Am 17. März 2008 begann die Verhandlung des § 129b-Prozesses in Stuttgart-Stammheim gegen fünf Revolutionäre. Ihnen wird die Mitgliedschaft in der kommunistischen türkisch/kurdischen Organisation DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) und somit die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach § 129b, vorgeworfen.
Die DHKP-C wurde 1998 in der BRD verboten und nach dem 11. September in die sogenannten „Schwarzen Listen“der EU und der USA aufgenommen. Der 11. September wurde in der BRD benutzt, um im April 2002 den § 129b-Paragraphen zu verabschieden und somit u.a. gegen aktive kommunistische Organisationen noch vehementer vorgehen zu können.
Im Zusammenhang mit der Verfolgung der DHKP-C fanden im November 2006 bundesweit mehrere Razzien statt, bei denen 59 Wohnungen und Vereinsräume durchsucht und teilweise verwüstet wurden. Außerdem wurden im Zeitraum vom 15. bis zum 28. November Mustafa Atalay, Rechtsanwalt Ahmet Düzgün Yüksel, Devrim Güler und Hasan Subasi während der Razzien verhaftet. Am 8. April 2007 wurde Ilhan Demirtas verhaftet.
Die Inhaftierten sind mit erschwerten Haftbedingungen konfrontiert, sie befinden sich in Einzelhaft und ankommende wie auch abgehende Briefe benötigen über einen Monat Zeit um zu den Adressaten zu gelangen. Auch ist die Situation von Mustafa Atalay sehr ernst, es besteht bei ihm eine Herzinfarktgefahr, die durch die Haftbedingungen noch verstärkt wurde.

Bereits beim ersten Prozesstag war sofort ersichtlich, auf welcher Seite die Justiz steht: die Anwälte durften nicht direkt bei ihren Mandanten sitzen und diesbezügliche Anträge der Verteidiger wurden umgehend abgelehnt. Ebenso verfügten die Anwälte nicht über alle Dokumente, die den deutschen Ermittlungsbehörden von der Türkei übergeben wurden - bzw. besitzen sie von neun Aktenordnern nur zwei auf deutsch, den Rest auf türkisch. Die Begründung der Anwaltschaft, die Anwälte könnten sich das Material von ihren Mandanten übersetzen lassen, kann nur bestätigen, wie absurd das gesamte Verfahren ist.

Mit dem Paragraph 129b werden die Organisationsstrafnormen § 129 (Kriminelle Vereinigung) und § 129a StGB (Terroristische Vereinigung) auf Gruppierungen im Ausland ausgedehnt. Anders als bisher können damit mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer einer ausländischen „terroristischen“ Organisation hierzulande auch dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn die Vereinigung nur im Ausland agiert und wenn die Beschuldigten selbst keine strafbaren Handlungen in der Bundesrepublik begangen haben.
Auf diese Weise können internationale Kontakte und politische Debatten mit ausländischen Vereinigungen, leicht zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Jedes autoritäre Regime kann künftig die Bundesregierung bedrängen, eine ihm lästige Oppositionsgruppe auf die schwarze Liste zu setzen und ihre mutmaßlichen Mitglieder und Unterstützer auch in der Bundesrepublik zu verfolgen. Da mit § 129b - genauso wie mit den Organisationsnormen 129 und 129a - Sonderermittlungsbefugnisse von Polizei, Staatsanwaltschaften und Geheimdiensten aktiviert werden können, wird sich die neue Strafnorm ebenfalls zu einem Ausforschungsparagraphen entwickeln. Schon das bisherige „Anti- Terror“-Sonderrechtssystem hat zu großflächiger Ausforschung politischer Gruppen, Szenen und ganzer Bewegungen geführt.

Menschen, die gegen Folterung, Menschenrechtsverletzungen, Faschismus, Imperialismus und Kapitalismus kämpfen und für eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung einstehen, werden kriminalisiert. Sie werden zu Terroristen deklariert, statt die wahren Probleme und ihre Ursachen anzugehen.

Wir lassen uns unser Recht auf Widerstand nicht nehmen und werden uns nicht einschüchtern lassen!
Weg mit § 129a und § 129b, allen Anti-
Terror-Gesetzen und Schwarzen Listen!
Solidarität mit den politischen Gefangen
weltweit!
Freiheit für Mustafa Atalay, Ahmet Düzgün Yüksel, Devrim Güler, Hasan Subasi und Ilhan Demirtas!

Kommt alle zu den nächsten Prozessterminen:
Beginn jeweils um 9:00 Uhr im
Stammheimer Gerichtsgebäude:
26. März, 31. März, 02. April, 07. April, 09. April, 14. April, 21. April, 28. April, 30. April, 05. Mai, 07. Mai, 19. Mai, 26. Mai, 28. Mai.

Infos zu den politischen Gefangenen,
staatlicher Repression etc. im
Internet unter:
http://www.rote-hilfe.de
http://www.political-prisoners.net

Kämpferische Demo am Vorabend des 18. März in Stuttgart


Die Demonstration wurde davor nicht angemeldet und es wurde auch nicht öffentlich mobilisiert. Meiner Schätzung nach beteiligten sich etwa 50 bis 60 Leute. Es gab am Schloßplatz zunächst einen kurzen Redebeitrag, dann zog die Demo durch die Stuttgarter Innenstadt. Es wurden Flugblätter verteilt, die den Prozess gegen die 5 türkischen Kommunisten, denen die Mitgliedschaft in der DHKP-C (türkisch/kurdische kommunistische Organisation, in der Türkei und in Deutschland verboten) thematisierten. Die Stimmung war gut und kämpferisch, es wurden Parolen wie "Freiheit für alle politischen Gefangenen" und "Hoch die internationale Solidarität" gerufen. Neben der Demo wurde plakatiert und Parolen gesprüht. Nach etwa 15 Minuten wurde die Demo noch vor dem Eintreffen der Polizei aufgelöst.
Gerüchten zufolge war der der Demo folgende Polizeieinsatz so konfus, dass versehentlich die Esoterik-Freaks einer 10köpfigen Tibet-Solidemo verhaftet wurden - auch nicht schlecht. Festnahmen oder Personenkontrollen bei Beteiligten der Demo für die politischen Gefangenen sind mir nicht bekannt

Beim DHKP-C Prozess am morgen waren bereits etwa 40 Menschen anwesend, auch hier war die Stimmung nicht zuletzt durch das Auftreten der Angeklagten kämpferisch.

Fazit: Die kontinuierlichen unangemeldeten Demos in Stuttgart zu bestimmten Anlässen sind eine gute Antwort auf die massiven Polizeiaufgebote bei den angemeldeten Demonstrationen mit Personenkontrollen, Abfilmen und immer öfter auch Strafbefehlen gegen die AnmelderInnen. Insbesondere Aktivitäten wie das Plakatieren und Sprühen neben der Demo sorgten für eine kämpferische Stimmung. Es ist natürlich zu hoffen (bzw. zu organisieren) dass die Demos und andere Aktivitäten zukünftig noch weiter ausgebaut werden. Eine Voraussetzung dafür wäre es, dass der allgemeine Organisierungsgrad noch mehr zunimmt - egal ob im Bereich Antifa, Soziale Proteste oder sonstwo.

Weiteres zum 18. März:
Am heutigen Dienstag, den 18. März findet eine Veranstaltung zum Tag der politischen Gefangenen statt - mehr unter: www.revolutionaere-aktion.de.am

Ein Bericht vom Prozess in Stammheim


Am Morgen des 17. März 2008 begann in Stuttgart Stammheim das §§129a/b Prozess gegen die seit über 16 Monaten inhaftierten Mustafa Atalay, RA Ahmet Düzgün Yüksel, Ilhan Demirtas und Hasan Subasi wegen “Mitgliedschaft in der DHKP-C”. Ca. 80 Besucherinnen und Besucher waren anwesend, um die politischen Gefangenen zu unterstützen.

Isolaltionsfolter, politische Prozesse, die Ermordung von Andreas Baader, Gudrun Enslin und Jan-Carl Raspe… das ist wohl das erste, was einem durch den Kopf gehen dürfte, wenn der Begriff Stammheim fällt. Die Situation ist heute nicht ganz anders. Auch heute ist Stuttgart Stammheim der Ort, an dem Isolationsfolter praktiziert wird und ein politischer Prozess stattfindet. Nur statt der Roten Armee Fraktion RAF steht heute die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C auf der staatlichen Zielscheibe in Stammheim.

Vor Beginn des Prozesses, das um 9.00 Uhr beginnen sollte, wurde von FreundInnen und Angehörigen um 8.30 Uhr eine Kundgebung vor dem Gefängnisgebäude durchgeführt. An dieser beteiligten sich rund 30 Personen. Ein Transparent mit der Aufschrift “Freiheit für alle politischen Gefangenen” wurde aufgeschlagen. Anschließend verlas das Tayad Komitee eine Erklärung und forderte die Freiheit für die Gefangenen und die Abschaffung der Anti-Terror-Gesetze und Schwarzen Listen. In der Erklärung hieß es, dass antifaschistisches, antikapitalistisches und antiimperialistisches Gedankengut vor Gericht stünde.

Im Anschluss an die Kundgebung begannen die Besucherinnen und Besucher das Gerichtsgebäude zu betreten. Die Besucherinnen und Besucher wurden einzeln in das Gebäude gelassen, nachdem Leibesvisitationen und Personalienkontrollen durchgeführt wurden. Während ca. 80 Personen in den Gerichtssaal zugelassen wurden, mussten ca. 20 Personen aufgrund von Vorwänden bezüglich der Personalien oder weil sie zukünftige ZeugInnen seien draußen warten. Der Prozess, der um 9.00 Uhr beginnen sollte, begann gegen 11.00 Uhr.

Als die Gefangenen in Handschellen den Gerichtssaal betraten, riefen die BesucherInnen die Parole “Die revolutionären Gefangenen sind unsere Würde”. Ein minutenlanger Applaus begann… Die Gefangenen, die sich seit Monaten nicht mehr gesehen hatten, umarmten sich. Es war offesichtlich, dass die Gerichtsdelegation, die nach den Gefangenen den Saal betrat, verblüfft war.

Nach der Personalienkontrolle wurde der Staatsanwaltschaft das Wort überlassen. Diese forderte wegen Mitgliedschaft in der Türkei operierenden DHKP-C, wegen Unterstützung einer Organisation, die den türkischen Staat stürzen und stattdessen eine kommunistische Ordnung errichten möchte, wegen finanzieller Unterstützung und der Gewährleistung von Aktionen in der Türkei die Verurteilung nach §§129a/b.

Die AnwältInnen der Angeklagten erklärten daraufhin, dass der Prozess ein Justizskandal sei und der Prozess wegen des Sammelns von Beweisen 16 Monate lang willkürlich aufgeschoben worden sei. Sie betonten, dass die Akten, die aus der Türkei angefordert worden seien, irrelevant seien und die Menschen wegen Aktionen in der Türkei nicht verurteilt werden können.

Nach dem Verlesen der Anklageschrift verlangte der Angeklagte Mustafa Atalay das Wort und verlas seine Erklärung, die er mit den Worten “unsere Geschichte ist die Geschichte der Armen und Reichen” begann. Er fragte, was und wer ein Terrorist sei. Er fragte “Ist es Terror, ein Land zu besetzen oder einen Kampf gegen die Besatzung zu führen?” Er erklärte, dass “Bush und Olmert, die andere Länder besetzen, die größten Terroristen” seien. Mustafa Atalay erklärte außerdem, dass der Verfassungsschutz sogar eine einfache Forderung nach Rechten kriminalisiere und sogar legale Parteien wie die Linkspartei beobachten lasse. Dieses ließe sich nicht mit einem Rechtsstaat vereinbaren. Mustafa Atalay führte fort und erklärte, dass es keine Gerechtigkeit in der BRD gäbe und sogar Systemparteien in ihrem Wahlkampf Kampagnen mit Forderungen nach Gerechtigkeit machten. Mustafa Atalay, der die Terrorlisten der USA und der EU ansprach, erklärte, dass im Kampf zwischen den Armen und den Reichen sie auf der Seite der Armen seien und sie deshalb als Terroristen angeklagt seien.

“Ich muss den Faschismus und die Folter in der Türkei nicht beweisen; ich stehe Ihnen gegenüber; mein ganzer Körper ist voller Brüche und Narben.”

Mustafa Atalay setzte seine Erklärung fort und betonte, dass er wegen seiner oppositionellen Haltung in der Türkei jahrelang im Gefängnis gesessen habe. Er erklärte, dass ihm in diesem Prozess das Recht auf Verteidigung weggenommen worden sei und er der Willkür und der Isolationshaft ausgesetzt sei. Er wies darauf hin, dass Isolationshaft für einen Menschen, der kurz zuvor eine Herzoperation hatte, tödlich sei.

Mustafa Atalay wies darauf hin, dass er aufgrund von Aussagen eines Agenten, der vom türkischen Geheimdienst MIT und dem deutschen Geheimdienst BND gelenkt werde, vor Gericht stünde.

Mustafa Atalay erklärte, dass die Berichte des Gefängnisarztes der JVA Hannover, welcher eine Freilassung forderte, und die Berichte anderer Ärzte ignoriert worden seien und er dem Tod überlassen worden sei.

Mustafa Atalay erklärte, dass sozialistisches Gedankengut und der Kampf der Armen vor Gericht stünde und der Faschismus in der Türkei unschuldig gesprochen werde.

Mustafa Atalay beendete seine Erklärung mit der Forderung nach Freilassung und der Forderung nach Recht auf Leben.

Die Erklärung, die zwei Stunden dauerte und aufgrund der gesundheitlichen Verfassung Atalays einige Male unterbrochen werden musste, endete mit lautem Beifall. Die Gerichtsdelegation, die die Situation nicht ertrug, drohte damit, den Saal räumen zu lassen.

Der Angeklagte Rechtsanwalt Ahmet Düzgün Yüksel übernahm das Wort und sagte “wir haben 16 Monate lang gewartet und waren geduldig und nun werdet Ihr uns anhören und geduldig sein”.

Rechtsanwalt Ahmet Düzgün Yüksel erklärte, dass ihm sein Recht auf Verteidigung genommen worden sei, indem seine Verteidigungsrede nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Er kritisierte außerdem, dass 16 Monate lang keine Gerichtsdelegation ertellt werden konnte und ganz plötzlich eine Delegation auftauche, die den Prozess überhaupt nicht kenne. Er erklärte, dass die Delegation nicht legitim sei und er ihr nicht vertraue. Rechtsanwalt Ahmet Düzgün Yüksel erklärte, dass er den schwerkranken Mustafa Atalay aus der Türkei kenne, er sein Freund sei und ihn als Anwalt vertreten habe. Er forderte das Gericht dazu auf, sein Leben nicht länger zu erschweren und ihn unverzüglich freizulassen.

Mit dem Beschluss, die Erklärungen ins Deutsche übersetzen zu lassen, wurde die Verhandlung auf den 26. März 2008 vertagt.

Im Anschluss an die Verhandlung, die kurz vor 17 Uhr endete, folgte gegen 18 Uhr eine spontane Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt.

Solidarität mit politischen Gefangenen


Rund um den 18. März wird an die Situation von Betroffenen staatlicher Repression erinnert Auch in diesem Jahr gibt es in zahlreichen bundesdeutschen Städten rund um den Tag der politischen Gefangenen Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen Die Gefangenhilfsorganisation Rote Hilfe erklärte in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts den 18.März zum Tag der politischen Gefangenen. Daran knüpften linke Gruppen vor mehr als 10 Jahren wieder an. Auch in diesem Jahr werden rund um den 18.März zahlreiche Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen organisiert, die sich mit den unterschiedlichen Formen von Repression befassen. Eine Sonderbelage der Roten Hilfe, die bei deren Bundesvorstand bestellt werden kann, gibt einen guten Überblick.

In Berlin solidarisierten schon am vergangenen Samstag ca. 250 Menschen auf einer Demonstration mit den politischen Gefangenen. Das Mumia-Bündnis erinnerte daran, dass der US-Journalist Mumia Abu Jamal noch immer in der Todeszelle sitzt. Demnächst wird über seine Berufung und ein neues Verfahren entschieden. Die Solidaritätsorganisation Libertad wies auf die Repression gegen linke Aktivisten in Italien hin. So wurden erst vor wenigen Wochen 13 Teilnehmer einer Demonstration gegen den Jugoslawien-Krieg im Jahre 1999 zu Haftstrafen von 7 Jahren wegen „schweren Widerstand gegen die Staatsgewalt“, einem Delikt das dem schweren Landfriedensbruch im deutschen Strafrecht vergleichbar ist, verurteilt. Linke türkische Exilorganisationen wiesen in Beiträgen und Flugblättern auf ihre Verfolgung auch in Deutschland hin. So wurden vor einigen Wochen 9 deutschen Städten Büros der linken Migrantenorganisation Atif (Föderation der Arbeiter aus der Türkei) von der Polizei durchsucht. Aktivisten des Tayad-Komitees, das sich ebenfalls für linke Gefangene in der Türkei einsetzt, informieren über ein Verfahren gegen fünf vermeintliche Mitglieder der linken türkischen „Revolutionären Volksbefreiungspartei“, das am 17.März in Stuttgart begonnen hat. Die Angeklagten, darunter ein Rechtsanwalt und ein Journalist, werden nach dem §129b der Unterstützung einer e ausländische terroristischen Organisation beschuldigt.

Spezieller Justizhäftling

Am 18.3. wird um 18 Uhr mit einer Kundgebung vor der JVA Plötzensee in Berlin an den dort inhaftierten Christian S. erinnert. Er verbüßt wegen des Baus einer Barrikade auf einer Antifademonstration eine dreijährige Haftstrafe. Zuvor saß er allerdings schon 11 Monate in Untersuchungshaft, nachdem er von Zivilpolizisten beschuldigt worden war, auf einer Antifademonstration in Dresden eine Flasche geworfen zu haben. Von diesem Vorwurf wurde S. später freigesprochen. Seine Rechtsanwältin Maren Burkhardt fordert die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Haftstrafe des Gefangenen. Über eine entsprechende Petition, die an die Berliner Justizsenatorin gegangen ist, soll noch in diesem Monat entschieden werden. Maren Burkhardt kritisiert auch das gültige Haftstatut, in dem ihr Mandant als „spezieller Justizhäftling“ klassifiziert wird. „Dieser Vollzugsplan bedeutet für meinen Mandanten verschärfte Haftbedingungen. Seine Post wird häufig angehalten. Mehrmals wurde seine Zelle durchsucht, so Rechtsanwältin Maren Burkhardt gegenüber ND.

In Hamburg wird am 22.März gegen die drohende Beugehaft für die ehemaligen RAF-Mitglieder Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt demonstriert. Obwohl alle drei langjährige Haftstrafen verbüßt haben, sollen sie erneut über die ihnen zur Last gelegten Anschläge vor Gericht aussagen. Weil sie das verweigert haben, hat die Bundesanwaltschaft Beugehaft gegen sie verhängt, die maximal 6 Monate betragen kann.

Peter Nowak
ND vom 18.3.08

Veranstaltung "Hexenjagd im 21. Jhd."


Am Rahmen der Aktionen und Aktivitäten zum 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, fand am 13. März 2008 in den Ladengalerie der Tageszeitung junge Welt eine Veranstaltung unter dem Titel "Hexenjagd im 21. Jhd." statt, wobei über die Definition des Terror-Begriffes, die Anti-Terror-Gesetze und Terrorlisten und über die Repression und die anstehenden Verfahren gegen angebliche Mitglieder der mg (militante gruppe) und der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) informiert und diskutiert wurde.

Die Veranstaltung, die gemeinsam von der Jungen Welt und dem Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen organisiert wurde begann mit einer kurzen Begrüßung durch einen Vertreter der Zeitung.

Als erster Redner übernahm Rechtsanwalt Selcuk Kozagacli aus Ankara das Wort und stellte seine Organisation vor. 2500 Juristinnen und Juristen seien Mitglieder des CHD (Progressiver JuristInnenverband), welches in der Türkei ebenfalls mit Repression konfrontiert sei. Kozagacli sprach zunächst über die Definition des Terror Begriffes und verwies darauf, dass dieser Begriff seine Ursprünge in der französischen Revolution und den Jakobinern habe und mit einer Ethik und Moralvorstellungen verbunden gewesen sei. Im Anschluss dan diesen Teil sprach Kozagacli über das türkische Anti-Terror-Gesetz mit der Bezeichnung Artikel 301 und die beabischtigte Veränderung bzw. Kategorisierung dieses Gesetzes. Laut Kozagacli seien sowohl die türkische Regierung, die oppositionellen Kräfte und die EU mit diesem Gesetz, der die Meinungsfreiheit erheblich einschränke, unzufrieden. Jedoch werde in der Türkei eine Kategorisierung dieses Gesetzes angestrebt, was zwar Opposition in zwei Lager spalten soll. Demnach solle der passive Protest legalisiert und der aktive Protest kriminalisert werden. Kozagacli erklärte, dass eine solche Kategorisierung nicht akzeptabel sei und die politische Dimension dieser angestrebten Kategorisierung verstanden werden müsse. Im letzten Teil seiner Rede ging Kozagacli auf die USA und ihren Anti-Terror-Krieg ein und erklärte, dass die USA keine natürlichen Feinde habe, aber dass eine Notwendgkeit für den Staatsapparat in den USA bestünde, neue Feindbilder zu schaffen, um ihr System zu erhalten.
Nach dem Beitrag des Rechtsanwaltes übernahm der Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff das Wort und berichtete über das anstehende §129b Verfahren in Stuttgart und ging dazu auch auf die EU-Terrorliste ein. Klinggräff schilderte, dass in den Jahren 2006 und 2007 fünf Personen verhaftet worden seien, denen vorgeworfen werde, Mitglieder der DHKP-C zu sein. Er fügte an, dass den Gefangenen vorgeworfen werde, Gelder und Waffen für die DHKP-C beschafft zu haben. Klinggräff schilderte, dass der §129b eine Ergänzung des §129a sei und für Organisationen gelte, die im Ausland operierten. Weiter erklärte Klinggräff, dass auch der §129b - wie der §129a - ein Ermittlungsparagraph sei. Klinggräff betonte, dass es wichtig sei, diesen Prozess mitzuverfolgen, da es der erste größere §129b Prozess gegen die Linke sei und vorher weitestgehend Personen mit islamistischem Hintergrund nach §129b angeklagt gewesen seien. Weiter antwortete Klinggräff auf die ihn gestellten Fragen hinsichtlich der EU-Terrorliste und erklärte, dass es keinen Rechtsschutz gegen diese Listen geben würde und Personen, die auf der Liste aufgeführt seien, jegliche Rechte verlieren würden.
Als dritter Redner übernahm ein Betroffener aus dem mg-Verfahren das Wort und schilderte in eindringlicher und ausführlicher Weise die Verhaftung im letzten Sommer und die anschließende Haft. Demnach seien die im Sommer 2007 verhafteten angeblichen mg-Mitglieder observiert worden und nach einem Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge verhaftet worden. Der Redner erklärte, dass die Polizisten mit brachialer Gewalt die Verhaftungen durchgeführt hätten und sie ihre Anwältinnen und Anwälte 20 Stunden nach der Verhaftung geprochen hätten. Der Redner schilderte anschließend von dem Flug nach Karlsruhe, wo sie dem Haftrichter vorgeführt worden seien. Im Anschluss daran schilderte der Redner die 4 monatige Haftzeit in der Berliner JVA Moabit und die Haftbedingungen. Er erklärte, dass die Haftbedingungen zwar hart gewesen seien, aber nicht mit den Haftbedingungen wie damals gegen die Gefangenen aus der RAF oder gegen türkische und kurdische Gefangene zu vergleichen seien. Der Redner wies darauf hin, dass der Prozessauftaktstermin noch nicht feststünde, jedoch Kampagnen dahingehend angedacht würden.

Im Anschluss an die Beiträge wurden die Fragen aus dem Publikum beantwortet und ein Aufruf zur Teilnahme an der Demo am 15.3. gemacht.
Die Veranstaltung, die von einem Vertreter des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und des Gefangenen Info moderiert wurde, endete nach ca. zwei Stunden.

02.04.2008

»Kampf der Armen vor Gericht«

Terrorismusprozeß gegen türkische Kommunisten in Stuttgart-Stammheim

Nick Brauns

Als angebliche Unterstützer einer »ausländischen terroristischen Vereinigung« müssen sich fünf türkische Kommunisten seit 17.März in einem von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachteten Prozeß vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht verantworten.

Am Montag fand der dritte Verhandlungstag gegen vier türkische und einen deutschen Staatsbürger türkischer Herkunft, darunter der Rechtsanwalt Ahmet Düzgün Yüksel und der Journalist Mustafa Atalay, im Gerichtssaal des Hochsicherheitsgefängnisses Stuttgart-Stammheim statt.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, Funktionäre der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C gewesen zu sein, »deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet sind, Mord oder Totschlag zu begehen«. Die Angeklagten sollen in der Bundesrepublik Geld gesammelt, neue Mitglieder rekrutiert sowie den Transport von Schußwaffen, Mobiltelefonen und Ausweispapieren in die Türkei organisiert haben.

Die seit 1998 in Deutschland verbotene und auf den Terrorlisten von EU und USA aufgeführte DHKP-C beruft sich in ihrem Programm auf eine marxistisch-leninistische Weltanschauung und kämpft in der Türkei für die »Errichtung der revolutionären Macht aller Volkskräfte, die gegen Oligarchie und Imperialismus sind«.

Nach Informationen der Gefangenenhilfsorganisation Tayad basieren die Verhaftungen der fünf Männer im November 2006 und April 2007 auf Aussagen eines Polizeispitzels, der sowohl im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT als auch des Bundesnachrichtendienstes (BND) operierte.

Der 51jährige schwer herzkranke Atalay wurde während einer bundesweiten Großrazzia direkt aus einer Reha-Klinik in eine Isolationszelle in die JVA Hannover gebracht und erst nach öffentlichen Protesten vorübergehend in ein Gefängniskrankenhaus verlegt. Die Situation des jetzt in der JVA Freiburg Inhaftierten sei weiterhin ernst, und es bestände Herzinfarktgefahr, warnen jetzt die behandelnden Ärzte. In Haft sei keine Genesung möglich.

Der Prozeß sei aufgrund des Sammelns von Beweisen 16 Monate lang willkürlich aufgeschoben worden, in denen die Angeklagten in Untersuchungshaft gehalten wurden, kritisierten die Anwälte. So seien Justizakten aus der Türkei angefordert worden, obwohl die Angeklagten wegen Aktionen in der Türkei nicht verurteilt werden könnten.

In Stammheim ständen »sozialistisches Gedankengut und der Kampf der Armen vor Gericht, während der Faschismus der Türkei freigesprochen werde«, erklärte Atalay, der in der Türkei aufgrund seiner politischen Aktivitäten bereits langjährig inhaftiert war, in seiner Prozeßerklärung. »Ich muß den Faschismus und die Folter in der Türkei nicht beweisen. Ich stehe Ihnen gegenüber. Mein ganzer Körper ist voller Brüche und Narben.«

Bei dem bis Ende Mai terminierten Verfahren handele es sich um den ersten großen Paragraph-129-b-Prozeß gegen Nicht-Muslime seit Einführung dieses Paragraphen in Folge der Anschläge vom 11. September 2001, wies Rechtsanwalt Heinz-Jürgen Schneider gegenüber junge Welt auf die Bedeutung des Verfahrens hin.

Bislang wurde die Mehrzahl der Paragraph-129-b-Verfahren gegen Unterstützer der im Irak aktiven kurdisch-islamischen Ansar Al-Islam geführt. Seit letztem Jahr ermittelt die Bundesanwaltschaft auch gegen Anhänger der in Deutschland legalen maoistischen »Türkischen Kommunistischen Partei Marxisten-Leninisten« wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung.

(c) Junge Welt 2008

Junge Welt