30.03.2008

»Sie spielen mit meinem Leben«

Bundesanwaltschaft läßt lebensbedrohlich erkrankten politischen Gefangenen nicht ins Krankenhaus

Von Nick Brauns
Artikel aus der Tageszeitung Junge Welt vom 12.07.2007

Obwohl sein Leben in akuter Gefahr ist, verweigert die Generalbundesanwaltschaft die Verlegung eines linken türkischen Journalisten aus dem Hannoveraner Untersuchungsgefängnis in ein Krankenhaus. Mustafa Atalay war nach einer Herzoperation im November 2006 in einer Reha-Klinik verhaftet worden. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn nach §129b StGB wegen »Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung«. Konkret wird Atalay die Mitgliedschaft in der anatolischen Revolutionären Volksbefreiungsfront/Partei DHKP-C vorgeworfen.

Sie sehe in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten keine Veranlassung für eine Haftunterbrechung oder Verlegung Mustafa Atalays in ein Krankenhaus, erklärte Generalbundesanwältin Monika Harms jetzt auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linksfraktion).

Der Gefängnisarzt hatte sich Ende Mai schriftlich geweigert, weitere medizinische Verantwortung für den Gefangenen zu übernehmen, nachdem zwei von drei Bypässen des Herzkranken verstopft waren. Zudem leidet Atalay an den gesundheitlichen Folgen von fast 20jähriger Haft und Folter in der Türkei.

Zwar sei es derzeit nicht erforderlich, den Inhaftierten in ein Krankenhaus einzuweisen, die Prognose sei jedoch unsicher, heißt es dagegen in einem jetzt vorliegenden widersprüchlichen Befund der Uniklinik Hannover. Langfristig müsse mit einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit medizinischer Eingriffe gerechnet werden. Hinter dem »menschenfeindlichen Eiertanz der Ärzte« sieht Atalays Anwalt Heinz-Jürgen Schneider »den langen Arm der Bundesanwaltschaft«. Seinem in Einzelhaft sitzenden Mandanten seien zwei Tabletten übergeben worden, die er bei einem akuten Anfall schlucken solle. »Sie spielen mit meinem Leben«, schrieb Atalay an Schneider.

In sieben Monaten durfte der Untersuchungsgefangene nur vier Besucher empfangen. Gegen ein Vorstandsmitglied der Gefangenenhilfsorganisation Tayad wurde vom Ermittlungsrichter Besuchsverbot erwirkt, da die Besuche »zur verdeckten Nachrichtenübermittlung« dienen könnten. Wie absurd dieser Vorwurf ist, wird durch die Tatsache deutlich, daß die 30minütigen Besuche nur hinter Trennscheibe und bei Überwachung durch Beamte des Landeskriminalamtes stattfinden können.