29.03.2008

Mustafa Atlay wird wahrscheinlich verlegt

In der letzten Ausgabe der Roten Hilfe Zeitung wurde über die lebensbedrohliche Situation Mustafa Atlay berichtet. Er ist ein linker Journalist, wurde wegen seiner Gesinnung fast 20 Jahre im Gefängnis weggesperrt. Mustafa wurde während dieser Zeit unzählige Male gefoltert und leidet heute aufgrund dieser Folter an ernsthaften gesundheitlichen Problemen wie einer kaputten Wirbelsäule und posttraumatischen Störungen. Aufgrund seines Kampfes für Demokratie war er am 12. September 1980 während des Militärputsches der Nato in der Türkei verhaftet worden.
Am 15. November 2006 veranlasste die Bundesanwaltschaft die Festnahme von Mustafa Atalay während seiner Behandlung im Rehabilitationszentrum in Bad Bevensen. Festgenommen wurden insgesamt 5 weitere Männer. Vorgeworfen wird ihnen "Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung" (§ 129a und des § 129b). Die Verhaftungen basieren auf Aussagen eines Polizeispitzels, welcher sowohl im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT als auch im Auftrag des Bundesnachrichtendienstes BND gearbeitet hat.
Mustafa Atalay, ein linker Journalist, wurde wegen seiner Gesinnung fast 20 Jahre im Gefängnis weggesperrt. Er wurde während dieser Zeit unzählige Male gefoltert und leidet heute aufgrund dieser Folter an ernsthaften gesundheitlichen Schäden wie einer kaputten Wirbelsäule und posttraumatischen Störungen.
In der Bundesrepublik Deutschland war Mustafa Atalay polizeilich gemeldet und war unter anderem wegen Aufenthaltsangelegenheiten den zuständigen Ämtern wohlbekannt. Er hatte einen festen Wohnsitz und aufgrund seines Gesundheitszustandes war er immer wieder in Behandlung.
Mustafa Atalay ist 50 Jahre alt, er befand sich wegen einer schwierigen Bypassoperation im Krankenhaus in Bad Bevensen. Etwa zwei Wochen nach seiner Operation, noch in der notwendigen Rehabilitations- und Behandlungszeit, wurde er von Beamten des Bundeskriminalamt verhaftet.
Nach seiner Verhaftung wurde Mustafa Atalay in eine Einzelzelle der JVA Hannover gesperrt und befindet sich auf der Sicherheitsstation in Isolationshaft, d.h 23 Stunden pro Tag allein in seiner Zelle. Er hat folglich keinen Kontakt zu anderen Gefangenen. Verständigen kann sich nur auf türkisch und in gebrochenen Englisch. Innerhalb von 8 Monaten konnte Mustafa nur 4 Besuche empfangen. Gegen 2 Menschen wurde ein Besuchsverbot verhängt.
Inzwischen verschärfte sich Mustafas Gesundheitszustand drastisch, zwei seiner dreier Bypässe verstopften und es bestand zusätzlich unter den Isolationshaftbedingungen Lebensgefahr. Einer seiner Rechtsanwälte, Jürgen Schneider, meinte: "Gerade bei Herzkrankheiten zählt jede Sekunde und entscheidet über Leben und Tod".
Selbst der zuständige Knastarzt beantragte Haftverschonung.
Erst am 12.Juli war die verantwortliche Behörde bereit, die Generalbundesanwaltschaft, dass Mustafa in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Stuttgart verlegt wird.
Wie war das möglich?
- Die Nachrichtensperre konnte immerhin durchbrochen werden. Die Knastkundgebung , die am 31.März für Mustafa vor der JVA Hannover stattfand, wurde von den Medien noch ignoriert, obwohl 2 PressefotografInnen Aufnahmen machten. Auch BesucherInnen dieses Gefängnis wurden am diesen Tage umgeleitet, so dass sie nichts von der Kundgebung mitbekamen.
Jetzt erschienen mehrere Artikel im Neuen Deutschland , Özgur Politika und in der jungen Welt. Zusätzlich berichteten auch verschiedene türkische und deutsche linke Medien.
- Mehrere Organisationen, linke wie humanistische, starten Initiaven für eine Haftverschonung oder Verlegung in ein Krankenhaus Mustafas. Die Generalbundesanwältin Monika Harms lehnte das aber kategorisch ab, auch nach Nachfrage von der Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke von der Linksfraktion.
- Mustafa Atalay wandte sich einen Brief in englischer Sprache u.a. an das Antifolterkomitee des Europarates, das niedersächische Justizministerium, Bundesjustizministerin Zypies und die Bundeskanzlerin:
" Werte Damen und Herren,

ich bin ein Gefangener in Hannover.
In der Türkei wurde ich Folterzentren (Polizeipräsidien) durch Polizisten und Soldaten gefoltert. Deswegen leide ich an gesundheitlichen Problemen.
Ich muss 5 Tabletten (für mein Herz, Cholesterin, Bluthochdruck) pro Tag zu mir nehmen. Vor 7 Monaten haben mir Ärzte in einem Krankenhaus Bypässe in meinem Herz gelegt. Nur 26 Tage nach dieser Operation wurde ich im Krankenhaus festgenommen. Ich kann nur 3 Minuten gehen. Während des Tages vergesse ich eine Menge. Ich habe Schmerzen in meinem Herz und am Körper.

Wo sind die Menschenrechte?
Ist das Gerechtigkeit?
Das ist undemokratisch!

Ich befinde mich in Isolationshaft im Hannover Gefängnis. Isolationshaft bedeutet Folter. Ich kann hier zu niemandem sprechen. Ich befinde mich ausschließlich in der Isolationszelle. In dieser Zelle gibt es kein Sonnenlicht und keine Luft.

Dies ist Folter!
Die Isolationsfolter muss enden!
Ich fordere Menschenrechte und Gerechtigkeit!
Beendet die Isolationshaft!
Ich fordere die Verlegung in ein Krankenhaus!

Ich lade Sie ein, mich hier zu besuchen und meine Isolationszelle zu sehen. Sehen sie selber, dass es ein Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt.

Ich fordere Gerechtigkeit!
Ist das Gerechtigkeit?
Sind das Menschenrechte?"
Auf Grund dieses Briefes erkundigten sich der zuständigen Arzt und der Psycholge der JVA Hannover im Auftrag von Merkel nach Mustafas Gesundheitszustandes. Am 12.Juli veranlaßte die Harmsbehörde endlich die Verlegung.
Ende März wunderte sich ein Redakteur der hannoveranischen Neuen Presse über die harte Haltung des deutschen Staates gegenüber Mustafa . Das ist natürlich eine politische Entscheidung, dass Mustafa isoliert wird wurde ihm entgegnet. Das Batt druckte nichts ab bekanntlich.
Gefangene, die wegen 129a und 129 b inhaftiert sind, unterliegen einen drakonischen Haftprogramm, wie bei Mustafa deutlich wurde.
Auch gegen BesucherInnen und RechtsanwältInnen gibt es spezielle Beschränkungen und Besuchsverbote, wie auch ich Mustafa nicht besuchen darf.
Weiterhin dienen diese Paragrafen neben Kriminalisierung und Abschreckung , auch zur Ausforschung und Erfassung linker Zusammenhänge, wie z.B anläßlich die Hausdurchsuchungen gegen Zusammenhänge der Anti-G8 Proteste im Mai und Juni deutlich wurde.
Das sind alles Gründe, hier noch mal die Abschaffung der Paragrafen 129,129a und 129b zu fordern.
Selbst eine so humanistische Forderung wie Aufhebung der Isolation von Mustafa bedarf vielfältiger politischer Anstrengungen , um sie diesen mächtigsten europäischen Natostaat abzuringen. Mustafas Bedingungen und aller zu ändern, die von den Folgen dieser Paragrafen betroffen sind, ist aber auch eine generelle politische Forderung.
Seine neue Adresse:
Mustafa Atalay
Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg
Schubartstr. 20
71679 Asperg

Wolfgang, Redakteur beim Gefangenen Info