06.04.2008

Veranstaltung "Hexenjagd im 21. Jhd."


Am Rahmen der Aktionen und Aktivitäten zum 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, fand am 13. März 2008 in den Ladengalerie der Tageszeitung junge Welt eine Veranstaltung unter dem Titel "Hexenjagd im 21. Jhd." statt, wobei über die Definition des Terror-Begriffes, die Anti-Terror-Gesetze und Terrorlisten und über die Repression und die anstehenden Verfahren gegen angebliche Mitglieder der mg (militante gruppe) und der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) informiert und diskutiert wurde.

Die Veranstaltung, die gemeinsam von der Jungen Welt und dem Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen organisiert wurde begann mit einer kurzen Begrüßung durch einen Vertreter der Zeitung.

Als erster Redner übernahm Rechtsanwalt Selcuk Kozagacli aus Ankara das Wort und stellte seine Organisation vor. 2500 Juristinnen und Juristen seien Mitglieder des CHD (Progressiver JuristInnenverband), welches in der Türkei ebenfalls mit Repression konfrontiert sei. Kozagacli sprach zunächst über die Definition des Terror Begriffes und verwies darauf, dass dieser Begriff seine Ursprünge in der französischen Revolution und den Jakobinern habe und mit einer Ethik und Moralvorstellungen verbunden gewesen sei. Im Anschluss dan diesen Teil sprach Kozagacli über das türkische Anti-Terror-Gesetz mit der Bezeichnung Artikel 301 und die beabischtigte Veränderung bzw. Kategorisierung dieses Gesetzes. Laut Kozagacli seien sowohl die türkische Regierung, die oppositionellen Kräfte und die EU mit diesem Gesetz, der die Meinungsfreiheit erheblich einschränke, unzufrieden. Jedoch werde in der Türkei eine Kategorisierung dieses Gesetzes angestrebt, was zwar Opposition in zwei Lager spalten soll. Demnach solle der passive Protest legalisiert und der aktive Protest kriminalisert werden. Kozagacli erklärte, dass eine solche Kategorisierung nicht akzeptabel sei und die politische Dimension dieser angestrebten Kategorisierung verstanden werden müsse. Im letzten Teil seiner Rede ging Kozagacli auf die USA und ihren Anti-Terror-Krieg ein und erklärte, dass die USA keine natürlichen Feinde habe, aber dass eine Notwendgkeit für den Staatsapparat in den USA bestünde, neue Feindbilder zu schaffen, um ihr System zu erhalten.
Nach dem Beitrag des Rechtsanwaltes übernahm der Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff das Wort und berichtete über das anstehende §129b Verfahren in Stuttgart und ging dazu auch auf die EU-Terrorliste ein. Klinggräff schilderte, dass in den Jahren 2006 und 2007 fünf Personen verhaftet worden seien, denen vorgeworfen werde, Mitglieder der DHKP-C zu sein. Er fügte an, dass den Gefangenen vorgeworfen werde, Gelder und Waffen für die DHKP-C beschafft zu haben. Klinggräff schilderte, dass der §129b eine Ergänzung des §129a sei und für Organisationen gelte, die im Ausland operierten. Weiter erklärte Klinggräff, dass auch der §129b - wie der §129a - ein Ermittlungsparagraph sei. Klinggräff betonte, dass es wichtig sei, diesen Prozess mitzuverfolgen, da es der erste größere §129b Prozess gegen die Linke sei und vorher weitestgehend Personen mit islamistischem Hintergrund nach §129b angeklagt gewesen seien. Weiter antwortete Klinggräff auf die ihn gestellten Fragen hinsichtlich der EU-Terrorliste und erklärte, dass es keinen Rechtsschutz gegen diese Listen geben würde und Personen, die auf der Liste aufgeführt seien, jegliche Rechte verlieren würden.
Als dritter Redner übernahm ein Betroffener aus dem mg-Verfahren das Wort und schilderte in eindringlicher und ausführlicher Weise die Verhaftung im letzten Sommer und die anschließende Haft. Demnach seien die im Sommer 2007 verhafteten angeblichen mg-Mitglieder observiert worden und nach einem Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge verhaftet worden. Der Redner erklärte, dass die Polizisten mit brachialer Gewalt die Verhaftungen durchgeführt hätten und sie ihre Anwältinnen und Anwälte 20 Stunden nach der Verhaftung geprochen hätten. Der Redner schilderte anschließend von dem Flug nach Karlsruhe, wo sie dem Haftrichter vorgeführt worden seien. Im Anschluss daran schilderte der Redner die 4 monatige Haftzeit in der Berliner JVA Moabit und die Haftbedingungen. Er erklärte, dass die Haftbedingungen zwar hart gewesen seien, aber nicht mit den Haftbedingungen wie damals gegen die Gefangenen aus der RAF oder gegen türkische und kurdische Gefangene zu vergleichen seien. Der Redner wies darauf hin, dass der Prozessauftaktstermin noch nicht feststünde, jedoch Kampagnen dahingehend angedacht würden.

Im Anschluss an die Beiträge wurden die Fragen aus dem Publikum beantwortet und ein Aufruf zur Teilnahme an der Demo am 15.3. gemacht.
Die Veranstaltung, die von einem Vertreter des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und des Gefangenen Info moderiert wurde, endete nach ca. zwei Stunden.